Allerseelen ist ein besonderer Tag im Kirchenjahr, an dem wir unserer verstorbenen Angehörigen und Freunde gedenken und für sie beten. Dieser Artikel erklärt die Bedeutung und Ursprünge von Allerseelen, die damit verbundenen Bräuche und Traditionen sowie die Unterschiede zum Hochfest Allerheiligen.
Ursprung und Bedeutung von Allerseelen
Der Allerseelentag am 2. November geht auf Abt Odilo von Cluny zurück, der diesen Gedenktag im Jahr 998 in allen von Cluny abhängigen Klöstern eingeführt hat. Das Dekret Odilos ist noch erhalten. Bald wurde der Allerseelentag auch außerhalb der Klöster gefeiert - für Rom ist er seit Anfang des 14. Jahrhunderts bezeugt. Von Cluny aus verbreitete sich der Allerseelentag in der gesamten lateinischen Kirche.
Allerseelen steht in engem Zusammenhang mit der katholischen Lehre vom Fegefeuer (Purgatorium) als Ort der Läuterung für Verstorbene, die noch nicht direkt in den Himmel aufgenommen werden. Die Lebenden können den Seelen im Fegefeuer durch Gebete, Fasten und Almosen Fürsprache leisten und so deren Aufenthalt dort verkürzen.
Zu den Kernpunkten von Allerseelen gehören:
- Gedenken an alle Verstorbenen, nicht nur an die Heiligen
- Enge Verbindung zur Lehre vom Fegefeuer als Ort der Läuterung
- Möglichkeit für Lebende, den Verstorbenen durch Gebete, Fasten und Almosen zu helfen
- Schnelle Verbreitung des Allerseelentags von Cluny aus in der gesamten lateinischen Kirche
Allerseelen ist somit ein wichtiger Gedenktag, der die Verbundenheit zwischen Lebenden und Verstorbenen im christlichen Glauben zum Ausdruck bringt.
Liturgie und Brauchtum an Allerseelen
Gräberbesuch und Totengedenken
- Der Besuch der Gräber und das Gedenken an die Verstorbenen stehen an Allerseelen im Mittelpunkt.
- Die Gräber werden vom Priester oder Diakon mit Weihwasser besprengt, um an die Taufe zu erinnern und die Verstorbenen zu segnen.
- Viele Menschen schmücken die Gräber ihrer Angehörigen mit Kerzen, Blumen und Gestecken, um ihrer zu gedenken.
- In manchen Regionen werden während der Messfeier die Namen der im letzten Jahr Verstorbenen vorgelesen.
Seelengebäck und Armenspeisungen
- Traditionell werden an Allerseelen sogenannte "Totenbrote" oder "Seelengebäck" gebacken, meist in Form von Zöpfen oder Brezeln.
- Diese Praxis geht möglicherweise auf einen heidnischen Brauch zurück, Speisen und Getränke an die Gräber der Verstorbenen zu bringen.
- Früher wurden diese Seelenbrote an Bedürftige verteilt, die im Gegenzug für die Verstorbenen beten sollten.
- Auch Armenspeisungen gehörten oft zum Allerseelen-Brauchtum, um den Verstorbenen durch Wohltätigkeit zu gedenken.
Allerseelenwoche und Ablass
- In der "Allerseelenwoche" vom 1. bis 8. November kann täglich ein vollkommener Ablass für die Verstorbenen gewonnen werden.
- Durch diesen Ablass soll sich die Zeit der Seelen im Fegefeuer verkürzen.
- Voraussetzungen dafür sind der Empfang der Beichte und Kommunion, die Abkehr von der Sünde und das Gebet in der Meinung des Papstes.
Allerseelen und Allerheiligen - Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Obwohl Allerheiligen und Allerseelen zeitlich direkt aufeinanderfolgen, haben die beiden Gedenktage ihre eigenen Bedeutungen und Traditionen.
Allerheiligen (1. November)
Allerheiligen ist ein katholisches Hochfest, an dem der Kirche bekannter und unbekannter Heiliger gedacht wird. Dieser Feiertag geht auf das 4. Jahrhundert zurück und wird seit dem 9. Jahrhundert am 1. November begangen.
In einigen katholisch geprägten Bundesländern Deutschlands ist Allerheiligen sogar ein gesetzlicher Feiertag. Zu den Bräuchen an diesem Tag gehören:
- Kirchenbesuche und Gottesdienste
- Gräberbesuch und Grabsegnungen
- Anzünden von Grablichtern
Allerseelen (2. November)
Allerseelen hingegen ist der Gedenktag für alle Verstorbenen. Dieser Feiertag wurde im Jahr 998 von Abt Odilo von Cluny eingeführt und verbreitete sich schnell in der gesamten katholischen Kirche.
Im Unterschied zu Allerheiligen steht Allerseelen ganz im Zeichen des Totengedenkens. Zu den typischen Traditionen an diesem Tag zählen:
- Besuch der Gräber und Schmücken mit Blumen, Kränzen und Gestecken
- Anzünden von Grablichtern, den sogenannten "Ewigen Lichtern"
- Gebete, Fürbitten und Almosen für die Verstorbenen
- Feier von Seelenmessen
Vermischung der Bräuche
In der Praxis vermischen sich die Traditionen von Allerheiligen und Allerseelen oft. Viele Gläubige nutzen beispielsweise bereits am 1. November die Gelegenheit, um Friedhöfe zu besuchen und Gräber zu pflegen.
Der Grund dafür ist, dass Allerheiligen in einigen Bundesländern ein gesetzlicher Feiertag ist und die Menschen daher freihaben. An Allerseelen selbst, dem 2. November, findet das öffentliche Leben hingegen ohne Einschränkungen statt.
Trotz dieser regionalen Vermischung unterscheiden sich die beiden Gedenktage in ihrer ursprünglichen Bedeutung klar: Allerheiligen ehrt die Heiligen, Allerseelen erinnert an alle Verstorbenen.
Allerseelen im Kontext anderer Gedenktage
Während Allerseelen in der katholischen Kirche ein wichtiger Tag des Gedenkens an die Verstorbenen ist, gibt es in anderen christlichen Traditionen ähnliche Feiertage und Gedenktage, die mit Allerseelen in Verbindung stehen.
Reformationstag (31. Oktober)
Am 31. Oktober begehen evangelische Christen den Reformationstag. An diesem Tag gedenken sie der Reformation der Kirche durch Martin Luther, der im Jahr 1517 seine 95 Thesen veröffentlichte und damit den Anstoß zur Reformation gab.
Der Reformationstag ist in einigen Bundesländern, wie Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, ein gesetzlicher Feiertag. Seit 2018 gilt er auch in Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein als offizieller Feiertag.
Totensonntag oder Ewigkeitssonntag
Anstelle von Allerseelen gedenken Protestanten in Deutschland traditionell ihrer Verstorbenen am Totensonntag oder Ewigkeitssonntag. Dieser findet jedes Jahr vor dem ersten Adventssonntag statt.
Im Mittelpunkt stehen hier das Gedenken an die Verstorbenen und die christliche Hoffnung auf das ewige Leben. Im Gegensatz zur katholischen Lehre vom Fegefeuer glauben Protestanten, dass die Erlösung der Seele allein durch den Glauben an Gott und nicht durch gute Werke erlangt wird.
Volkstrauertag
Der Volkstrauertag ist ein staatlicher Gedenktag, der in Deutschland zwei Sonntage vor dem ersten Advent begangen wird. An diesem Tag erinnern sich die Menschen an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft.
Im Unterschied zu Allerseelen, das ein rein kirchlicher Feiertag ist, handelt es sich beim Volkstrauertag um einen offiziellen Gedenktag, der von der Bundesregierung ausgerufen wird. Er dient dem staatlichen Totengedenken und soll die Erinnerung an die Schrecken des Krieges wachhalten.
Fazit - Die Bedeutung von Allerseelen heute
Allerseelen als Tag des persönlichen Gedenkens
Allerseelen ist für viele Katholiken ein besonderer Tag, an dem sie ganz persönlich der verstorbenen Angehörigen und Freunde gedenken. Der Gang zu den Gräbern, das Anzünden von Kerzen und das stille Gebet sind wichtige Rituale, um die Verbundenheit mit den Verstorbenen zu pflegen und ihrer zu gedenken. Für viele Menschen bietet Allerseelen die Gelegenheit, innezuhalten, der Endlichkeit des Lebens zu begegnen und gleichzeitig die christliche Hoffnung auf Auferstehung und ein Wiedersehen im Jenseits zu bewahren.
Fortsetzung traditioneller Bräuche
Allerseelen ist eng mit zahlreichen Traditionen und Bräuchen verbunden, die bis heute in vielen Regionen Deutschlands und Österreichs gelebt werden. Ob das Backen von Seelengebäck, das Schmücken der Gräber oder das Allerseelenläuten - diese Rituale verleihen dem Tag eine ganz besondere Stimmung und Bedeutung. Sie zeugen von der tiefen Verwurzelung des Allerseelenfestes im Glauben und Brauchtum der Menschen. Viele dieser Traditionen haben ihre Wurzeln im Volksglauben und Aberglauben früherer Zeiten, wurden aber im Laufe der Jahrhunderte in den christlichen Kontext eingebunden.
Allerseelen als Anlass zur Besinnung
Neben dem persönlichen Totengedenken bietet Allerseelen auch die Möglichkeit zur Besinnung auf die großen Fragen des Lebens und des Todes. Die christliche Lehre vom Fegefeuer als Ort der Läuterung und die Vorstellung, dass die Lebenden durch Gebete und gute Werke den Verstorbenen helfen können, regen zum Nachdenken über das Jenseits an. Allerseelen erinnert daran, dass der Tod nicht das Ende ist, sondern der Übergang in ein neues, ewiges Leben. Für gläubige Katholiken ist es daher ein Tag der Hoffnung und Zuversicht.