Der Palmsonntag markiert den Beginn der Karwoche und erinnert an den triumphalen Einzug Jesu in Jerusalem. Erfahre mehr über die tiefere Bedeutung dieses besonderen Tages. Dieser Artikel erklärt die Bedeutung des Palmsonntags, seine biblischen Grundlagen, die damit verbundenen Bräuche und Symbole sowie seine Rolle im Kirchenjahr. Auch regionale Traditionen und kunstgeschichtliche Aspekte werden beleuchtet.
Biblischer Hintergrund
Der Palmsonntag erinnert an den triumphalen Einzug Jesu in Jerusalem, wie er in den Evangelien beschrieben wird (Joh 12,12-19). Diese Begebenheit bildet den Auftakt zur Karwoche und der Passionsgeschichte Christi.
- Laut den Berichten der Evangelisten ritt Jesus auf einem Esel in die Stadt ein und wurde von einer jubelnden Menschenmenge empfangen.
- Die Menschen schwenkten Palmzweige und riefen "Hosianna" - ein Ausdruck der Huldigung und Verehrung für den erwarteten Messias und König Israels.
- Durch den Ritt auf dem Esel erfüllte sich die Prophezeiung aus dem Buch Sacharja (9,9), die einen demütigen und friedlichen Herrscher ankündigte.
Die Szene des Einzugs in Jerusalem ist von tiefer symbolischer und liturgischer Bedeutung für das Christentum:
- Die Palmzweige galten seit der Antike als Zeichen des Lebens, des Sieges und der Unabhängigkeit.
- Der Esel verkörpert den gewaltlosen Friedenskönig und die Demut Jesu als Gegenbild zu irdischen Machthabern.
- Das Ausbreiten der Kleider und das Rufen des "Hosianna" deuten auf die Anerkennung der Messianität Jesu hin.
Dieser Einzug markiert den Beginn des Leidensweges Christi, der schließlich zu seiner Kreuzigung und Auferstehung führt - den zentralen Ereignissen der Karwoche und des Osterfestes in der christlichen Liturgie und Ikonographie.
Liturgische Bedeutung
Der Palmsonntag eröffnet die Karwoche, auch Stille Woche oder Heilige Woche genannt. Er markiert den Beginn der Feierlichkeiten, die an die Passionsgeschichte und das Leiden Jesu Christi erinnern. In der Liturgie nimmt dieser Tag eine zentrale Rolle ein:
- Die Palmweihe und anschließende Palmprozession sind wesentliche Elemente der liturgischen Feier. Palmzweige oder Ersatzzweige wie Buchsbaum werden gesegnet und in einer Prozession in die Kirche getragen, um an den Einzug Jesu in Jerusalem zu erinnern.
- In der Messe wird die Passion Christi, die Leidensgeschichte Jesu, verlesen. Welches der vier Evangelien (Matthäus, Markus, Lukas oder Johannes) dabei zum Einsatz kommt, richtet sich nach dem Lesejahr (A, B oder C) im Kirchenjahr.
- Die liturgische Farbe des Palmsonntags ist Rot, die Farbe des Blutes und des Leidens Christi. Sie symbolisiert die Hingabe Jesu und leitet zur Karfreitagsliturgie über.
- Neben der Passion werden auch Lesungen aus dem Alten Testament vorgetragen, die auf die Ereignisse der Karwoche vorausweisen, wie etwa die Prophezeiung aus dem Buch Sacharja über den Friedenskönig auf der Eselin (Sach 9,9 EU).
Der Palmsonntag bereitet die Gläubigen durch seine eindrucksvollen Rituale und Symbolik auf die kommende Osterwoche vor. Er verbindet den triumphalen Einzug in Jerusalem mit der Ankündigung von Leiden und Opfertod und leitet so zur zentralen Liturgie der Kartage über.
Palmbuschen und Palmstöcke
Da in vielen Regionen keine Palmen wachsen, werden am Palmsonntag stattdessen heimische Zweige wie Buchsbaum, Weidenkätzchen oder Palmkätzchen verwendet. Diese werden kunstvoll zu sogenannten Palmbuschen gebunden und oft mit Bändern, Äpfeln, Ostereiern und anderen Verzierungen geschmückt.
Traditionell besteht ein Palmbuschen aus sieben verschiedenen Naturmaterialien:
- Palmkätzchen (Blütenstände der Sal-Weide)
- Buchsbaum
- Wacholder
- Stechpalme
- Eibe
- Zeder
- Sadebaum
Zusammengebunden werden die Buschen mit Sal-Weide und auf lange Haselnussäste oder Stangen gesteckt. In manchen Regionen erreichen die Palmstöcke eine beeindruckende Länge von bis zu 10 Metern.
Für Paten und Großeltern
Ein besonderer Brauch ist es, dass Kinder am Palmsonntag ihren Taufpaten und Großeltern Palmstöcke bringen. Dies sind geschnitzte und verzierte Weidenstöcke, die zuvor in der Kirche gesegnet wurden. Die Ausführung der Palmstöcke variiert regional stark:
- Kleine Kreuze aus geflochtenen Weidenspänen mit Buchsbaumzweigen
- Bis zu 60 cm lange Stöcke mit spiralförmig aufgedrehten Krüseln (geschnitzte Büschel)
- Dekoriert mit bunten Schleifen, Äpfeln, Orangen und natürlich Buchsbaum
Für ihren Dienst erhalten die Kinder von den Paten und Großeltern in der Regel ein kleines Geschenk, oft bestehend aus Süßigkeiten und etwas Geld.
Segenszeichen für die Wohnung
Die bei der Palmweihe gesegneten Zweige werden anschließend in den Wohnungen hinter die Kreuze oder an Heiligenbildchen gesteckt. Sie sollen die Bewohner segnen und an das neue, durch Christus gewonnene Leben erinnern. In manchen Regionen werden die Zweige auch am Osterfeuer verbrannt und die Asche später für das Aschekreuz verwendet - so schließt sich der Kreis.
Mit den kunstvoll gebundenen Palmbuschen und Palmstöcken halten die Gläubigen am Palmsonntag ein altes Brauchtum lebendig, das auf die Liturgie und Kirchengeschichte zurückgeht. Die Zweige symbolisieren Leben, Sieg und Unabhängigkeit und erinnern an den triumphalen Einzug Jesu in Jerusalem zu Beginn der Karwoche und Passionsgeschichte.
Palmprozessionen und Palmeselprozessionen
Seit Jahrhunderten ziehen Gläubige am Palmsonntag in feierlichen Prozessionen in die Kirchen ein, um den Einzug Jesu in Jerusalem nachzuempfinden. Diese Palmprozessionen sind ein zentraler Teil der Karwoche und der Liturgie rund um Ostern.
Palmprozessionen
- In der Palmprozession tragen die Gläubigen gesegnete Palmzweige oder Ersatzzweige wie Buchsbaum oder Weidenkätzchen als Symbole des Lebens und des Sieges.
- Die Prozession beginnt oft außerhalb der Kirche, wo die Zweige geweiht werden. Dann ziehen alle unter Gesängen und Gebeten in die Kirche ein.
- Ein häufig gesungener Hymnus ist "Gloria, laus et honor" ("Ruhm und Preis und Ehre sei Dir, Erlöser und König").
- Die Palmprozession erinnert an den jubelnden Empfang Jesu in Jerusalem und leitet die Passionsgeschichte und Karwoche ein.
Palmeselprozessionen
- Im Mittelalter und der Barockzeit war es in vielen Regionen üblich, bei Palmprozessionen einen hölzernen "Palmesel" mit einer Christusfigur mitzuführen.
- Diese Palmeselprozessionen stellten den Einzug Jesu auf einem Esel besonders anschaulich dar und waren Teil des Brauchtums.
- Heute werden Palmeselprozessionen nur noch in einigen Orten gepflegt, etwa in Tirol, Mittelfranken und Oberbayern.
- In Thaur (Tirol) zieht jährlich eine Christusfigur auf einem Holzesel durch das Dorf, begleitet von Gläubigen mit Palmzweigen.
Die Palmprozessionen, ob mit oder ohne "Palmesel", sind ein bedeutendes Ritual der Karwoche und Teil der reichen Kirchengeschichte und Ikonographie rund um den Einzug Jesu in Jerusalem.
Palmsonntag in der Kunst
Die Darstellung des Einzugs Jesu in Jerusalem hat eine lange Tradition in der christlichen Kunst, die bis in die frühchristliche Zeit zurückreicht. Das Motiv verkörpert nicht nur ein zentrales Ereignis der Passionsgeschichte, sondern ist auch reich an Symbolik und Bedeutung für die Ikonographie der Kirchenkunst.
- Bereits in der Antike wurde der Einzug in Jerusalem nach dem Vorbild des Adventus, des feierlichen Einzugs eines siegreichen römischen Kaisers, gestaltet. Häufig symbolisierte es zugleich den Einzug in das himmlische Jerusalem und den Triumph über Sünde und Tod.
- In byzantinischen Darstellungen reitet Jesus – der orientalischen Sitte entsprechend – seitlich auf dem Esel sitzend. Er wird von seinen Jüngern zu Fuß begleitet und nähert sich dem Stadttor Jerusalems.
- Abendländische Künstler stellten Jesus hingegen rittlings auf dem Esel dar. Manchmal folgt der Eselin auch das Füllen, wie in der Bibel beschrieben.
- Ein charakteristisches Merkmal mittelalterlicher Bildwerke ist die Darstellung einer großen, jubelnden Volksmenge, die Jesus mit Palmzweigen oder Weidenkätzchen (daher "Palmkätzchen") begrüßt. Die frühesten erhaltenen Schnitzereien stammen aus dem 14. Jahrhundert.
- Typisch ist auch die Geste Jesu, der die Rechte zum Segen erhoben hat, wie beim berühmten Genter Altar des Meisters Jan van Eyck (1432).
- In der Renaissance und im Barock wurde das Thema von Künstlern wie Giotto, Duccio di Buoninsegna, Pietro Lorenzetti und Albrecht Dürer aufgegriffen und weiterentwickelt.
- Die Darstellungen spiegeln nicht nur die Kirchengeschichte und Liturgie wider, sondern bezeugen auch den hohen Stellenwert, den das Palmsonntags-Ereignis in der christlichen Kunst und Ikonographie einnahm.
Palmsonntag weltweit
Der Palmsonntag wird in allen christlichen Konfessionen auf der ganzen Welt gefeiert und hat eine lange Tradition in der Kirchengeschichte. Obwohl die liturgischen Bräuche und Prozessionen regional unterschiedlich ausgeprägt sind, bilden sie doch ein verbindendes Band unter den Gläubigen. Hier sind einige Höhepunkte des Palmsonntags weltweit:
- In Mittel- und Südamerika finden besonders farbenprächtige und lebendige Palmprozessionen statt. Die Gläubigen schwenken nicht nur Palmzweige, sondern auch kunstvoll geflochtene Palmkränze und aufwendig geschmückte Palmstöcke. Die Prozessionen sind von Gesängen, Tänzen und Feierlichkeiten begleitet.
- In Italien und anderen Ländern des Mittelmeerraums sind neben Palmzweigen auch Olivenzweige weit verbreitet. Sie erinnern an den Ölberg, wo Jesus vor seiner Kreuzigung betete, und symbolisieren den Frieden.
- In Jerusalem findet eine besonders bedeutsame Prozession statt. Tausende Gläubige schließen sich den Franziskanern an und pilgern vom Ölberg durch das Löwentor in die Altstadt. In der St.-Anna-Kirche wird dann der Segen gespendet.
- Sowohl in der Ostkirche als auch in der Westkirche hat die Segnung der Palmzweige eine lange Tradition. In der Orthodoxen Kirche werden die gesegneten Zweige oft zu kunstvollen Palmkreuzen geflochten.
- In Indien und anderen Ländern Asiens werden statt Palmzweigen oft Bananenblätter oder andere einheimische Pflanzen verwendet, da Palmen dort nicht heimisch sind.
Ungeachtet der regionalen Unterschiede steht der Palmsonntag überall für den Beginn der Karwoche und der Passionsgeschichte. Die Prozessionen und Bräuche dienen dazu, den Einzug Jesu in Jerusalem lebendig zu halten und die Ikonographie dieses zentralen Ereignisses in der Liturgie zu feiern.
Symbolik und Brauchtum
Die Feierlichkeiten am Palmsonntag sind reich an Symbolik und Brauchtum, die auf die biblische Überlieferung und jahrhundertealte Traditionen zurückgehen. Hier sind einige der wichtigsten Aspekte:
Palmzweige als Siegessymbol
- Die Palmzweige, mit denen Jesus bei seinem Einzug in Jerusalem begrüßt wurde, galten schon in der Antike als Zeichen des Lebens, des Sieges und der Unabhängigkeit.
- Im Judentum waren Palmwedel ein Symbol für die Befreiung von Unterdrückung und den Sieg über Feinde (1 Makk 13,51).
- Christen sehen in den Palmzweigen ein Sinnbild für den Sieg Christi über den Tod durch seine Auferstehung.
Der Esel als Zeichen der Demut
- Dass Jesus auf einem Esel und nicht auf einem prächtigen Pferd in Jerusalem einzog, unterstreicht seine Demut und seinen gewaltlosen, friedlichen Anspruch als Messias.
- Der Prophet Sacharja (9,9) hatte diesen Einzug des "Friedenskönigs" bereits angekündigt.
- Der Esel galt als Reittier der Armen und steht im Kontrast zu den Machtinsignien weltlicher Herrscher.
Brauchtum rund um den Palmsonntag
- In vielen Regionen ist es Brauch, dass Kinder am Palmsonntag Palmstöcke oder kunstvoll gebundene Palmbuschen zu ihren Paten und Großeltern bringen und dafür Geschenke erhalten.
- Das Familienmitglied, das am Palmsonntag als Letztes aufsteht, wird scherzhaft als "Palmesel" bezeichnet.
- In manchen Gegenden bringt der "Palmhase" den Kindern Eier und Naschereien als Vorgeschmack auf den Osterhasen.
Die vielfältigen Bräuche und Symbole rund um den Palmsonntag erinnern nicht nur an die Passionsgeschichte Jesu, sondern verkörpern auch die Freude über den nahenden Sieg des Lebens an Ostern.